„Oma und Opa beten am meisten“
Ehe Matthias Walkner am 24. November bei der „Krone“-Sport Gala in Linz für seinen Sieg bei der Rallye Dakar geehrt wird, plauderte er über das härteste Motorsport- Event der Welt …
Mit 14 bekam er ohne Wissen seiner Mutter sein erstes Motorrad, mit 31 raste er heuer bei der Dakar-Rallye schneller als alle anderen 9000 Kilometer durch Südamerika: Matthias Walkner, der am Mittwoch zu Österreichs Motorsportler des Jahres gewählt worden ist …
Herr Walkner, für Österreichs Sportler des Jahres Marcel Hirscher hätten Sie heuer statt ihm diesen Titel erhalten müssen!
Er kriegt eben mit, was da dahintersteckt. Der Laie glaubt, der Marcel ist ein wilder Hund, der relativ fit ist. Aber wie ich einschätzen kann, was er leistet, weiß er, was es heißt, die Dakar im dritten Anlauf zu gewinnen.
Bei Ihrer Premiere 2015 war Ihr Ziel noch gewesen, keinen Hubschrauber von innen zu sehen …
Das hatte ich gesagt, weil es bei der Dakar immer Tote gibt! Das sind 14 Tage Ausnahmezustand, in denen man Schlafmangel hat, relativ oft neben der Spur steht. Speziell am Anfang, wo du noch der wilde Hund bist. Ich hatte bei der Premiere täglich rund drei gewaltige Schreckmomente.
Was geht einem da vor einer Dakar durch den Kopf?
Nicht viel. Heuer hatte ich nur gedacht, wenn ich schon am Heimflug wär’ und alles wäre gut, wäre ich schon froh.
Sprechen Sie damit auch Ihren Rennsturz 2016 an?
Ja, der hat mich geprägt. Der Oberschenkel war gebrochen, das Kreuzband ab – seither hab ich einen kürzeren Fuß und Beckenschiefstand. Schlimm war auch, dass es zwölf Stunden gedauert hat, mich vom Lazarett ins Spital zu bringen. Besteht nämlich keine Lebensgefahr, wird bei der Dakar mit dem Rettungsflug so lange gewartet, bis es mehrere Verletzte gibt.
Kennen Sie Angst?
Ja!
Wovor?
Vor Schlangen! Sonst hab’ ich eher einen g’sunden Respekt oder Angst, ein Ziel nicht zu erreichen.
Beten Sie?
Ab und zu. Oma und Opa beten am meisten für mich.
Wie beruhigt man die bzw. deren Angst um Sie?
Es ist okay, dass sie sich sorgen! Aber im Endeffekt lieg ich in Bolivien im Graben und wart zwölf Stunden bis ich im Spital bin.
Ihre Mutter durfte nicht wissen, dass Sie mit 14 eine Kawasaki bekommen haben.
Nein! Und zum Glück ist Mama auch nicht oft in die Garage gegangen.
Schon immer Benzin im Blut gehabt?
Ich bin erst Ski gefahren. Aber Motorradln und Gokarts waren mir lieber.
Wo liegt die Faszination, 9000 Kilometer quer durch Südamerika zu rasen?
Die Dakar ist eh nicht so klass, aber extrem nachhaltig. Allein an der Strecke sind vier Millionen Zuseher.
Material, Fahr- oder Navigationskünste – was ist bei der Dakar wichtiger?
Wichtig ist a g’scheits Team, das Motorradl und über 14 Tage ein hohes Tempo zu fahren und keinen Fehler zu machen. Das heißt auch, auf 15 Kilometern nie mehr als zwei Grad vom Kurs abzuweichen, obwohl du in der Wüste kaum Orientierungspunkte hast.
Wie sehr zehrt das?
Extrem! Vom Aufstehen um 3 Uhr bis zum Schlafengehen um 22 Uhr hast du nie mehr als 20 Minuten Zeit. Heuer bin ich am längsten Tag um 5.27 Uhr los und war um 18.56 Uhr im Ziel.
Was tut man dann abends?
Essen, duschen! Man plant den nächsten Tag, schreibt noch täglich drei, vier Stunden am Roadbook.
Kann man bei der Anspannung überhaupt schlafen?
Nur mit Tabletten – sonst nicht! Im Lager geht es zu, da sind 3000 Leute, da wird gearbeitet, ist es sehr laut.
Und wie ging’s nach Ihrem Sieg heuer im Ziel zu?
Ehrlich – das war nur noch Gänsehaut!